Mit Ritualen die Trauer überwinden

Individuelle Haltepunkte sind für Hinterbliebene wichtig - Sie spenden Trost, geben Halt und Stütze

Individuell, bunt, ermutigend: Das Bemalen und Gestalten des Sargs ist für Hinterbliebene eine Möglichkeit, dem Verstorbenen noch etwas Besonderes mit auf den Weg zu geben. Foto: dpa

Der Verlust eines geliebten Menschen stellt das Leben auf den Kopf. Hinterbliebene fühlen sich oft hilflos, einsam und in ihrer Trauer gefangen. Bei der Verarbeitung des Todesfalles können Trauerrituale helfen. Sie spenden Trost, geben Halt und Stütze. Weil aber jeder anders trauert, sollten auch die Rituale individuell sein. Eben so, dass sie dem Einzelnen helfen. 

Dorfgemeinschaft

In früheren Zeiten gehörte der Tod zum Leben, hatte in der Gesellschaft seinen festen Platz. Jeder kannte die Rituale, die man ausführte, um Abschied zu nehmen. Dazu gehörte beispielsweise der Besuch der Dorfgemeinschaft im Trauerhaus, wo der Leichnam aufgebahrt war. Nachbarn brachten den Hinterbliebenen Essen und spendeten ihnen Trost. Gemeinsam wurde am offenen Sarg gebetet, geredet – und auch gelacht, bevor dieser in einem Leichenzug durch den Ort zum Friedhof getragen wurde. Das alles half dabei, den Tod zu begreifen. Doch das gibt es heute nicht mehr. Die Trauernden sind meist auf sich allein gestellt. 

Trauer zu erleben, ihre Höhen und Tiefen zu ertragen, ist schwer. Rituale können dabei helfen, Untätigkeit und Hilfslosigkeit etwas entgegenzusetzen. Wichtig ist dabei nur, dass sie den Hinterbliebenen ein gutes Gefühlt vermitteln. 

Die Seele entlassen

Noch vor Jahrzehnten war es üblich, nach dem Ableben eines Familienmitglieds das Fenster im Sterbezimmer zu öffnen, um die Seele aus dem irdischen Leben zu entlassen. Oder es wurden Uhren und Spiegel mit Tüchern abgehängt, weil angesichts des Todes Zeit und Eitelkeit an Bedeutung verlieren. Ein weiteres Ritual kann es sein, dem Bestatter beim Waschen des Verstorbenen zu helfen, passende Kleidung auszuwählen und diesen für seinen letzten irdischen Weg anzukleiden. 

Verstorbene müssen übrigens auch heute nicht sofort aus dem Haus gebracht werden. Sie können dort bis zu 36 Stunden verbleiben. Jeder kann sich damit soviel Zeit nehmen, wie er zum Abschiednehmen braucht. 

Erinnerung behalten

Wem es ein Bedürfnis ist, etwas von dem Verstorbenen zurückzubehalten, das ihn stets an ihn erinnern wird, der kann beispielsweise eine Locke oder Haarsträhne abschneiden und diese später in einem Amulett bei sich tragen. Es gibt die Möglichkeit, Totenmasken anfertigen zu lassen. Oder es kann ein Fingerabdruck genommen werden, aus dem man sich später ein Schmuckstück anfertigen lässt. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich nach dem Kremieren einen kleinen Teil der Asche aushändigen zu lassen, das ebenfalls in einem Amulett aufbewahrt werden können. So geht der Verstorbene nie ganz. 

Abschied vorbereiten

Auch im Vorfeld der Beisetzung lassen sich Rituale schaffen. Ein ganz besonderes Abschiedsgeschenk ist es etwa, den Sarg oder die Urne zu bemalen. Das hilft vor allem Kindern dabei, den Tod besser zu verstehen. 

Zentrales Element der Trauerfeier ist die Trauerrede, mit der das Leben und Wirken des Verblichenen gewürdigt wird. Je persönlicher diese ausfällt, umso eher hilft sie beim Abschiednehmen. Auch Die Musik spielt eine zentrale Rolle: Werden Lieblingsstücke des Verstorbenen gespielt, weckt das Erinnerungen an ihn und an gemeinsame Erlebnisse. 

Eine Handvoll Erde ins offene Grab zu werfen ist ebenfalls ein althergebrachtes Ritual, das die Endgültigkeit des Todes begreiflich machen soll. Werden Blütenblätter hinterhergeschickt, steht dies für einen zärtlichen Abschiedsgruß, der alle guten Wünsche für die letzte Reise beinhaltet. Auch der Leichenschmaus ist eine wichtige Veranstaltung, bei der nicht nur Abschied genommen, sondern auch das Leben gefeiert wird. 

Alltag erleichtern

Gerade in der Zeit nach der Beisetzung fallen viele Trauernde in ein tiefes, schwarzes Loch. Um ihre Trauer besser verarbeiten zu können, brauchen sie kleine Haltepunkte. Das kann beispielsweise ein Foto des Verstorbenen sein, das dort steht, wo man sich oft aufhält. So kann man häufig Zwiesprache halten, sich von dem Verstorbenen verabschieden, wenn man das Haus verlässt und ihn begrüßen, wenn man wieder kommt. 

Zusätzlich kann man das Foto mit Blumen schmücken oder eine Kerze dazu stellen, die regelmäßig angezündet wird.

Jahrestage begehen

Ganz besonders emotional belastend sind für Hinterbliebene Jahres- und Gedenktage. Hier hilft es ebenfalls, sich Rituale zu schaffen. So kann man etwa den Geburts- oder Todestag mit Freunden und Familie zelebrieren. Vielleicht, indem man zusammen bedeutsame Orte besucht, oder das Lieblingsessen des Verstorbenen zubereitet und dieses im Gedenken an ihn in geselliger Runde genießt. 

War der geliebte Mensch jemand, der sich in der Natur besonders wohlgefühlt hat, ist vielleicht eine gemeinsame Wanderung eine gute Idee. Oder man kramt in Erinnerungsstücken, die an Gedenktagen hervorgeholt und gemeinsam betrachtet werden. Wichtig ist es, etwas zu finden, was einem dabei hilft, mit der Trauer umzugehen, den Verlust zu bewältigen und sich dadurch ein wenig besser zu fühlen. Ein „richtig“ oder „falsch“ gibt es dabei nicht. Denn auch Rituale sind so individuell wie die Trauer. Redakteurin Ulrike Kübelwirth


Vom Totenschein bis zur Trauerarbeit

Ratgeber der Verbraucherzentrale begleitet Schritt für Schritt im Sterbefall

Den Totenschein ausstellen lassen, Angehörige informieren, Sterbeurkunde beantragen, die Bestattung organisieren: Die ersten Schritte im Trauerfall werden den meisten bekannt sein. Doch wie geht es dann weiter? 

Dringende Fragen

Die Verantwortung in einem Todesfall zu übernehmen, ist für Hinterbliebene nicht leicht. Der Ratgeber der Verbraucherzentrale „Was tun, wenn jemand stirbt? Handbuch für den Trauerfall“ unterstützt Betroffene in dieser schwierigen Situation und beantwortet die dringendsten Fragen. Informiert wird auch über die Kosten. Neben den üblichen Gebühren für Trauerfeier und Friedhof fallen weitere Ausgaben an - etwa für Kränze, Floristik, Traueranzeigen oder die langfristige Grabgestaltung. Im Schnitt geht man von Kosten in Höhe von etwa 4000 Euro für eine Bestattung aus. 

Auch nach der Beisetzung bleibt für Angehörige viel zu tun: Versicherungen benachrichtigen, Wohnung und Konten auflösen, Abmeldung bei Rentenstelle oder Arbeitgeber. 

Neuauflage

Die aktualisierte Neuauflage des Ratgebers richtet sich aber nicht nur an Menschen, die aktuell einen Todesfall bewältigen müssen. Vielmehr können sich auch all jene an den Hinweisen, Checklisten und Formularen orientieren, die Vorsorge für ihre eigene Bestattung treffen wollen. „Was tun, wenn jemand stirbt?“ hat 164 Seiten und kostet 16,90 Euro. Er ist auch als E-Book zum Preis für 13,99 Euro erhältlich. red

INFO: Bestellmöglichkeiten

„Was tun, wenn jemand stirbt? Handbuch für den Trauerfall“ gibt es im Online-Shop der Verbraucherzentralen unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de oder unter Telefon 0211 3809555.