Mitten im Leben

Ehrenamtliche verschiedenen Alters können mit einem FSJ oder BFD prägende Erfahrungen machen

Junge Menschen profitieren beispielsweise von einem FSJ in den Krautheimer Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Foto: Ute Bottinger

In Deutschland wird aktuell über ein soziales Pflichtjahr für Jugendliche diskutiert. Viele junge Menschen entscheiden sich aber ohnehin längst schon aus freien Stücken dazu, vor Eintritt in das Berufsleben einen Jugendfreiwilligendienst, beispielsweise ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) oder einen Internationalen Jungendfreiwilligendienst im Ausland (IJFD) zu absolvieren. Für alle, die älter als 26 Jahre sind, gibt es den Bundesfreiwilligendienst (BFD), der seit Juli 2011 offizieller Nachfolger des Zivildienstes ist.

Laut der Bertelsmann Studie „Freiwilligendienste in Deutschland – Stand und Perspektiven“, welche die Entwicklung der Teilnehmendenzahlen in den geregelten Freiwilligendiensten im In- und Ausland für Teilnehmende unabhängig ihres Alters untersucht, wurden ab dem Jahr 2011 sowohl der BFD als auch das FSJ massiv ausgebaut. So stiegen die Gesamtzahlen in nur zwei Jahren von 71 800 auf über 101 000 im Jahr 2013 sowie noch einmal um knapp 5000 Teilnehmende auf über 106 000 im Jahr 2014. Seither sind die Zahlen leicht gesunken auf rund 97 500 Teilnehmende in den Jahren 2020/ 2021.

Mit und für Menschen Die Ehrenamtlichen lernen während ihrer Tätigkeit den Alltag in den Einsatzstellen und dadurch die Arbeit mit und für Menschen kennen. Sie werden in der Regel von einer Fachkraft eingearbeitet, angeleitet und betreut. Eine Praxisanleitung sollte Standard sein. Die Vergütung des Freiwilligendienstes ist optional und wird von der jeweiligen Einsatzstelle finanziert. Es gibt aber eine gesetzliche Obergrenze für ein sogenanntes Taschengeld, die aktuell bei monatlich 423 Euro liegt.

Einsatzstellen für einen Freiwilligendienst sind beispielsweise Pflegeheime, Kliniken, Kindergärten, Behinderteneinrichtungen, Rettungsdienste, Krankenhäuser, kulturelle Institutionen und Einrichtungen des Sports. Besonders in Kindergtagesstätten und Einrichtungen für behinderte Menschen ist ein großer Teil der Ehrenamtlichen im Einsatz. Auch die Stadt Künzelsau bietet Freiwilligendienste in Kindergärten, Schulen oder im Jugendzentrum an und eröffnet somit die Möglichkeit, ein Jahr lang wertvolle Erfahrungen zu sammeln, sich in den jeweiligen Bereichen einzubringen und Verantwortung zu übernehmen.

Gesellschaftliche Teilhabe Die Krautheimer Werkstätten bieten Menschen mit Behinderung in den fünf Arbeitsbereichen Buchhandel, Entsorgungsfachbetrieb, Druckerei, Industriemontage sowie Digitalisierung eine vielfältige berufliche Orientierung und somit ein größtmögliches Maß an eigener gesellschaftlicher Teilhabe. Davon profitieren auch junge Menschen, die ein FSJ absolvieren möchten.

„Wir sind mitten im Leben. Das ist kein leeres Versprechen, sondern eine Tatsache. Jeder der jungen Menschen, die sich für einen Freiwilligendienst bei uns entscheiden, macht Erfahrungen, die für das ganze Leben prägend und sehr hilfreich sind“, sagt Stefan Blank, Geschäftsführer der Krautheimer Werkstätten. Mit dem Entsorgungsfachbetrieb tragen Menschen mit Behinderungen unmittelbar zur Daseinsfürsorge der Bevölkerung in der Abfallwirtschaft und zusammen mit dem Buchspendenprojekt für den notwendig nachhaltigen Umgang mit wertvollen Rohstoffen bei. „Hinzu kommt, dass jeder Bücherspender hier offene Werkstatttüren findet, und miterleben kann, wie auch Menschen mit schwersten Behinderungen ihren Beitrag zum Bruttosozialprodukt, zu Nachhaltigkeit, Toleranz und Vielfalt zu leisten wissen“, so Blank.

Hilfe im Arbeitsalltag An der Andreas-Fröhlich-Schule in Krautheim begleiten die Freiwilligen die Schülerinnen und Schüler im Unterrichtsalltag: beim Lernen, wenn sie Hilfe beim Essen brauchen oder wenn sie in der Pause betreut werden müssen. Auch die Unterstützung der Lehrkräfte und die Übernahme kleiner, pflegerischer und hauswirtschaftlicher Aufgaben gehört zu ihrem Arbeitsalltag. Ein Ehrenamt, aus dem man Erfahrungen für das ganze Leben mitnimmt. red/tawe